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Darf ich als Diabetikerin so viele Früchte essen?

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Früchte gehören ganz fix in meinen Essensplan. Ich muss manchmal grinsen, wenn ich in anderen Haushalten Früchteschalen mit zwei halb verschrumpelten Äpfeln, einer braun gepunkteten Banane und einer angetrockneten Zitrone sehe. Viele meiner Freunde sagen mir denn auch, sie würden gar nicht so gerne Früchte essen, oft tagelang keine. Nun ja, auf angeschrumpelte Äpfel hätte ich auch keine Lust.

Wir wollen, was wir (häufig) sehen

Mir macht unsere grosse Früchteschale Appetit auf Früchte. Diese Schale steht mitten in der Küche und ist wirklich recht gross, denn sie muss mit unserer Wochenration an Früchten auskommen. Für diese Woche sind es ca. 12 Äpfel, 6 Birnen, 2 Papaya, 6 Bananen, 3 Grapefruits, 2 kg Mandarinen, ein Granatapfel und eine Pomelo. (Ääh, ja, wir sind zu zweit im Haushalt, und ich esse die meisten Früchte). Dazu kommen Zitronen und Limetten, Datteln und jede Menge Beeren, zurzeit Tiefkühlbeeren. Auch habe ich einen Vorrat an Trockenbeeren Gojibeeren, Physalis und getrocknete Sauerkirschen, meine süssen Snacks.

Sind wir total beeinflusst durch die Werbung?

Leider ja. Marketingexperten schätzen, dass wir täglich zwischen 6’000-10’000 Werbebotschaften ausgesetzt sind und unser Verhalten (oft unbewusst) danach ausrichten! Diese Botschaften beeinflussen natürlich auch unsere Essenswünsche, unsere Esskultur. So konnten die Verhaltensforscher Brian Wansink und sein Team beobachten, dass in Haushalten, in denen eine Früchteschale auf dem Küchentresen steht (und nicht Süssigkeiten, Süssgetränke, Müeslischachteln und Trockenfrüchte), die Bewohner des Haushalts im Schnitt 9.4-14.4 kg leichter sind!1,2 Und eben halt auch deutlich mehr Früchte essen…

“Eat food, not too much, mostly plants”
[Iss Lebensmittel, nicht zu viel, vor allem Pflanzen]

Michael Pollan

Leider suggeriert uns die Lebensmittelindustrie meist was anderes. Früchte haben keine grosse Lobby. Werbung wird meist eher für verarbeitete Lebensmittel gemacht, von Firmen, die daran verdienen, dass wir uns daran erinnern, wie «glücklich» ein Pack Celebrations macht, wie gerührt wir über eine Schachtel «Merci» sind (sorry, die schmecken echt nicht, auch wenn man sie dann trotzdem isst), wie einfach es ist, ein «verdientes» Knoppers als Pausensnack aufzureissen.

Wie sehr würde ich mich freuen, wenn wir als Geschenk in der Klinik mal eine Kiste frischer Äpfel kriegen würden, ein Früchtekorb, der seinen Namen noch verdient, ein grosses Netz saftiger Blutorangen!

Die Auswahl ist riesig

Es gibt auf unserer Welt über 200’000 essbare Pflanzen, da sollte es leicht sein, etwas zu finden, was man mag. Meist sind wir ja auch in der sehr komfortablen Lage, dass unsere Auswahl auf Wochenmärkten oder in Supermärkten einigermassen gross ist und ausreichend für Abwechslung gesorgt ist. Es lohnt sich aber auch, öfter mal was Neues zu probieren: eine andere Apfelsorte (oder verschiedene gleichzeitig), in Massen auch mal eine exotischere Frucht, blonde Orangen, Blutorangen, Birnen, Beeren und so weiter. Natürlich kann man so saisonal wie möglich bleiben.

So viele Früchte als Diabetikerin?

Viele meiner Freunde sind erstaunt, wie viele Früchte ich esse, vor allem als Diabetikerin. Bereits zum Frühstück sind mehrere Portionen dabei, ich liebe diese knackigen, frischen, süssen und sauren Dinger! Und Beeren sowieso, die esse ich täglich. Drohende Hypos korrigiere ich oft mit einem kleinen Apfel, zum Spaziergang sind zwei Mandarinen und zwei Datteln dabei. Wenn ich vor dem Frühstück laufen gehe, reicht mir eine halbe Banane für eine ganze Runde.

Früchte und ihre Kohlenhydrate

Klar, Früchte haben Kohlenhydrate, die man als Diabetiker*in mitberechnen muss. Aber das ist nicht schwierig:

  • Beeren sind die Rockstars, sie haben sehr wenig Kohlenhydrate mit ca. 5-10g / 100g.
  • Die meisten anderen Früchte (Äpfel, Birnen, Orangen, Papaya etc.) haben ca. 10-15g Kohlenhydrate / 100g.
  • Einige Früchte wie Bananen, reife Mango, Ananas haben deutlich mehr, ca. 18-20 g Kohlenhydrate / 100g.

Und alle haben sie sehr viele Nahrungsfasern, so das die Kohlenhydrate zwar zügig, aber nicht ultraschnell ins Blut gehen. Ein Frühstück aus Haferflocken, Leinsamen, Papaya, Birne, Heidelbeeren und Himbeeren ist somit nicht nur ein morgendlicher Hochgenuss, sondern auch blutzuckermässig vernünftig.

Öfter mal was neues wagen

Diesen Herbst hatte mir mein lieber Gartennachbar – der ursprünglich aus den Philippinen stammt – etwas geschenkt, das ich noch nie gesehen hatte. Ich wusste nicht, ist das Frucht oder Gemüse, süss oder sauer, darf ich das roh essen oder nicht. Nach etwas Recherche war klar, eine Chayote, ein absolut tolles Früchtchen, das auch bei uns wie Unkraut wachsen soll. Das werde ich im kommenden Sommer dringend selber anpflanzen!

Also, ganz im Rahmen der guten Vorsätze fürs Neue Jahr: wie wäre es mit einer neuen Fruchtart als Testlauf nächster Woche? Und mit einer zusätzlichen Frucht pro Tag?

Literaturangaben:
1. Wansink B. From mindless eating to mindlessly eating better. Physiol Behav. 2010;100(5):454-463. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20470810
2. Wansink B, Hanks AS, Kaipainen K. Slim by Design: Kitchen Counter Correlates of Obesity. Health Educ Behav. 2016;43(5):552-558. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26481966

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