Ich habe in meinem Leben viel Zeit damit verbracht, mich zu zwingen, Dinge zu tun. Wirklich gute Dinge. Dinge, die für mich wichtig sind. Dinge wie diszipliniert zu arbeiten, Sport zu machen, auf meinen Blutzucker zu achten, mich an meine Essensregeln zu halten und so weiter. Ich glaube, als Diabetiker*in muss man sich immer irgendwie zwingen…..
Gute Planung: das A und O?
Ich stelle wöchentlich sehr konkrete Arbeitspläne für mich auch auf und rapportiere in meiner Agenda sehr genau, woran ich zu arbeiten gedenke. Die Planung gerät quasi täglich aus dem Lot und wenn ich dann sehe, woran ich schlussendlich effektiv gearbeitet habe, bin ich nicht immer glücklich mit meinen Anstrengungen. Ich scheitere vordergründig viel öfter, als dass ich Erfolg habe, mich an die Planung zu halten. Trotzdem sehen mich viele Kolleginnen und Kollegen als sehr diszipliniert und effizient.
Dasselbe gilt für meinen Blutzucker. Ich habe jeden Tag mehrere Punkte, die ich einhalten will, weil ich weiss, dass sie mir guttun. Ausreichend schlafen, jeden Tag Sport, mehr als 7500 Schritte auf meiner Schrittzähler-App, anständig Essen, das Richtige essen, keine Snacks (klappt nie) und dann am liebsten noch Zeit finden zum Lesen und Meditieren, Podcast hören und – ach ja – mit meinem Liebsten verbringen.
Der disziplinierte Tag
Wenn ich einen disziplinierten Tag nach Plan durchziehe, freue ich mich zwar kurz, aber ich fange oft direkt an, mich selbst zu ermahnen, dies auf jeden Fall morgen zu wiederholen. Ja – das tönt etwas zwanghaft, aber ich bin sicher, dass mein Leben sonst sofort komplett aus dem Leim fällt, oder?
Eigentlich ist mir recht klar, dass diese Methode der strikten Disziplin nie und nimmer regelmässig funktionieren wird. Sie macht auch nicht wirklich froh. Ich belaste mich damit oft selber, obwohl ich sowohl im Job, als meist auch mit meinem Diabetesmanagement recht zufrieden sein kann. Dann denke ich aber auch wieder, ob «recht zufrieden» dann eigentlich gut genug sei?
Der undisziplinierte Garten
Als ich mir vor 3 Jahren ein neues Hobby zugelegt habe – einen spiessigen Schrebergarten – hatte ich zunächst auch eine genaue Vorstellung wieviel Disziplin da nötig sein würde. Nun ja, da will man ja Lebensmittel produzieren. Ich habe recherchiert, mir Notizen gemacht, Pläne und Listen erstellt. Bücher gelesen und Youtube Videos angeschaut. Seltsamerweise ist der Garten aber wild und natürlich auch längst nicht so produktiv wie die Gärten meiner Gartennachbarn. Ich gehe nur hin, wenn ich Lust habe. Ich mache nur, was ich tun mag. Es ist alles freiwillig und leicht. Das macht mir unglaublich Freude.
Freiwillig und leicht!
Ehrlich gesagt sind diejenigen Arbeitstage, an denen alles klappt, ziemlich ähnlich: freiwillig und leicht. Es sind nicht die Tage, an denen ich «wahnsinnig diszipliniert» war, sondern, die, an denen ich daran arbeiten konnte, was mir Freude macht. Denken, recherchieren, schreiben. Mich mit Kunden unterhalten, Tiere, die krank sind behandeln. Mich um Probleme kümmern, die welche sind und die gelöst werden müssen, um die Arbeit oder das Leben anderer leichter zu machen.
Und da ich sowieso immer mehr zu tun habe, als Zeit, alles zu erledigen, frage ich mich beim Erstellen des Tagesplans nun meist: Worauf habe ich Lust? Was würde mir als erstes Freude machen? Meine Tage sehen dann ziemlich genau so aus, wie meine Tage aussehen, wenn ich es schaffe, «diszipliniert» zu sein. Fertig werde ich sowieso nie und das ist auch ok so.
Kann man seinen Diabetes freiwillig und leicht managen?
Es gibt definitiv Dinge, die getan werden müssen, die einfach keinen Spass machen, wie Rechnungen bezahlen und das Badezimmer putzen. Aber könnte der Diabetes nicht ähnlich leicht gemanaged werden wie mein wilder Garten? Wenn ich mich mehr darauf konzentrieren könnte, was leicht und freiwillig geht, was Freude macht? Wenn ich mich weniger zwingen müsste und alles leichter nehmen könnte?
….darüber werde ich mir nun mal sehr ernste Gedanken machen. Ideen sind sehr willkommen, Fortsetzung folgt!