Ich liebe Checklisten. Checklisten erleichtern mein Leben in vielen Bereichen.
Meine Assistenzärztin Nina fluchte. Sie wollte eine Katzen-Patientin, die mehrere Tage bei uns in der Klinik war, heimgeben und fand die Transportkiste nicht. Als die Katzenkiste dann endlich da war, stellte sie fest, dass die Medikamente für das Tier zwar von unserer Apotheke vorbereitet worden waren, aber die Medikamente, die die Besitzer von daheim in die Tierklinik mitgegeben hatten, immer noch oben im Stall waren. Endlich waren dann Katze, Transportkiste, Medikamente und Tierbesitzer in einem Raum, und die Besitzerin erinnerte sich daran, dass das Lieblingsstofftier noch fehlte, die Stoffmaus war noch im Katzenstall und musste geholt werden – also nochmal laufen.
In unserer Abendbesprechung schämten wir uns im Kollektiv: wie konnte es sein, dass ein solcher Routineablauf so unprofessionell und ineffizient vonstatten ging? Dass es bei uns nicht klar geregelt war, wer was und wann organisierte? Abgesehen davon, dass unsere Kunden auf ihre Katze warten mussten, obwohl ein Abholtermin vereinbart war, kamen die nachfolgenden Termine ebenfalls durcheinander und die allgemeine Laune sank. Wir entschieden uns für eine Strategie, die uns – zugegebenermassen – zunächst etwas lächerlich vorkam, aber seither daraus resultiert, dass unsere Patienten zum Abholtermin inklusive Medikamente und Stoffmäuse parat waren: wir erstellten eine „Patienten-Heimgeh“-Checkliste.
Checklisten in der Luftfahrt und in der Medizin
Checklisten sind in Situationen sinnvoll, bei denen gleichbleibende Abläufe durchgeführt werden müssen. Sie bestehen aus einer Liste von Aktivitäten, die in bestimmter Reihenfolge durchgeführt werden (sollen) und vermeiden somit, dass Schritte vergessen werden. In der Luftfahrt, vor allem beim Fliegen, sind Checklisten für viele Abläufe eingerichtet, müssen eisern eingehalten werden und erhöhen die Sicherheit massiv.1 Ebenso können Checklisten in der Medizin Fehler vermeiden, die aufgrund Unachtsamkeit, falscher Annahmen oder fehlender Kommunikation entstehen. Dr. Atul Gawande hatte 2008 mit seinem Team eine „Safe Surgery Checklist“ für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellt, die weltweit die Sicherheit von Operationen stark erhöht.2,3 Ausserdem ist Gawande’s Buch «Checklist-Manifesto: How to Get Things Right» sehr lesenswert! (Deutsche Version: «Checklist-Strategie: Wie Sie die Dinge in den Griff bekommen«)
«Simples» Diabetesmanagement ist vielschichtig
Ein „simples“ Diabetesmanagement für eine spezifische Aktivität manchmal bereits eine vielschichtige Angelegenheit. Zum Beispiel sind bei mir für eine anstrengende sportliche Aktivität wie eine längere Velotour mehrere Schritte notwendig:
- Meine Sportsachen müssen gepackt sein, meine Basalrate etwa eine Stunde vor dem Sport heruntergesetzt.
- Ich muss, je nach Tageszeit, weniger Insulin für meine vorgängige Mahlzeit spritzen, bzw. das Insulin für die nachfolgende Mahlzeit und allenfalls die nächsten 8-12 Stunden reduzieren.
- Während des Sports brauche ich regelmässig eine definierte Menge an rasch wirkenden Kohlenhydraten, die einerseits für einen stabilen Blutzucker während der Aktivität nötig sind, aber auch für einen allfälligen Notfall (bei drohender Hypoglykämie) sofort zur Hand sind.
- Ausserdem muss ich sicherstellen, dass ich einen Ausweis, oder ein medizinisches Arm- oder Halsband trage, das informiert, dass ich Diabetikerin bin.
- Vernünftigerweise teile ich jemandem mit, wo ich hingehe und wann ich in etwa plane, wieder zurückzukehren.
Alles klar?
Checklisten erinnern uns an die minimal wichtigen Schritte. Sie geben keine genauen Anweisungen, listen aber die wichtigen Schritte in der richtigen Reihenfolge auf und erleichtern einem das Leben, in dem man die Liste kurz durchgeht. Selbstverständlich könnte man sich das auch jedes Mal mental kurz durchspielen, und überlegen, ob man alles hat. Allerdings ist bekannt, dass sich das Kurzzeitgedächtnis nur etwa 5-7 Teilschritte gut merken kann, anschliessend wird es anstrengend und störanfällig, sich an alles zu erinnern.
Erstelle Dir Checklisten für gleichbleibende Abläufe
Nach und nach wirst Du in meinem Blog verschiedene Checklisten finden. Momentan gibt es eine für Freunde & Familie, die kurz erklärt, worauf man im Umgang mit einem Diabetiker achten soll.
Dann gibt es meine Fantastic 5 Checkliste, die mir in einzelnen Wochen als Diabetestagebuch dient. Darin kann ich abends kurz festhalten, ob ich mich an die 5 wichtigsten Regeln gehalten habe: Insulin rechtzeitig vor dem Essen zu spritzen, nach dem Essen kurz spazieren zu gehen, täglich auf 10’000 Schritte zu kommen, täglich Sport zu machen und ausreichend zu schlafen. So kann ich mich relativ einfach kontrollieren und sehe, wo ich wieder strenger sein muss.
Überleg Dir, in welchen Bereichen Dir eine kleine Checkliste das Leben erleichtern könnte! Über gute Ideen und Vorschläge freue ich mich, schreib mir diese doch unten in der Kommentar-Funktion!
Literaturangaben
1. Degani A, Wiener EL. Cockpit Checklists: Concepts, Design, and Use. Human Factors: The Journal of the Human Factors and Ergonomics Society. 1993;35(2):345-359. https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/001872089303500209
2. Weiser TG, Haynes AB, Dziekan G, et al. Effect of a 19-item surgical safety checklist during urgent operations in a global patient population. Ann Surg. 2010;251(5):976-980. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20395848
3. Weiser TG, Haynes AB, Lashoher A, et al. Perspectives in quality: designing the WHO Surgical Safety Checklist. Int J Qual Health Care. 2010;22(5):365-370. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20702569