Die meisten Diabetiker*innen wissen so richtig, was Durst ist. Kurz bevor ich ins Spital eingeliefert wurde, hatte ich das Gefühl zu verdursten. Und das, obwohl ich mehrere Liter Wasser pro Tag getrunken habe, gesoffen wie ein Pferd, sozusagen.
Wenn der Blutzucker zu hoch ist (>10mmol/l, bzw. >180mg/dl) wird die Nierenschwelle überschritten. Die Niere wird mit Zucker überlastet und fängt an, diesen mit einer grösseren Menge Urin auszuscheiden. Aus diesem Grund muss man bei zu hohen Blutzuckerwerten ständig pinkeln. Wenn die Trinkmenge den Flüssigkeitsverlust nicht ausgleicht, entsteht eine Austrocknung des Körpers, die starken Durst auslöst. Bleibt der Blutzucker langfristig sehr hoch, kann es zu einem sogenannten hyperosmolaren / diabetischen Koma kommen.
Normalerweise sagt uns aber unser Durst genau, wieviel wir trinken müssen.
Unsere Nieren regulieren den Flüssigkeitshaushalt
Unsere Nieren sind die Wächter der Flüssigkeits-Homöostase, des Gleichgewichts der gelösten Stoffe (z.B. Elektrolyte) im Blut. Sie helfen, das Gleichgewicht von fast jedem Elektrolyt in unserem Körper aufrechtzuerhalten. Sie stabilisieren somit den Blutdruck und den Säure-Basen-Haushalt unseres Körpers. Und sie halten unseren Flüssigkeitshaushalt aufrecht. Der dabei produzierte Urin ist als Nebenprodukt anzusehen.
Oft hört man: «mein Urin ist völlig konzentriert, ich muss mehr trinken», «man soll ja viel trinken», «heute habe ich wieder viel zu wenig getrunken, ich habe halt kein Durstgefühl».
Glaubt mir, solche Leute haben nicht «KEIN Durstgefühl», sie haben einfach keinen Durst.
Man soll doch aber 2-3 Liter pro Tag trinken?
Nein, das ist Quatsch. Offenbar wurden ältere Untersuchungen zur benötigten Flüssigkeitsmenge ganz schön verdreht weitergegeben. Ich musste lachen, als ich diese Woche den ausserordentlich empfehlenswerten Podcast zum Thema «wieviel Wasser wir wirklich brauchen» gehört habe. Zwar haben offenbar Wissenschaftler in den 40er und 70er Jahren beschreiben, dass etwa 2.3 Liter Flüssigkeit (oder 6-8 Gläser Wasser) nötig seien, damit der menschliche Körper gut funktioniert. Wie bei einem schlechten «Telefonspiel» wurden diese Zahlen aber über die Zeit verzerrt, denn sie beinhalten alle Flüssigkeit die wir zu uns nehmen, auch die vom Essen. In einem mittelgrossen Apfel, der zu 85% aus Wasser besteht, steckt ja bereits ca. 1.2 dl. Flüssigkeit. Fünf Früchte pro Tag machen also schon mehr als einen halben Liter aus.
Woher kommt diese hohe «empfohlene» Trinkmenge?
Naja, woher wohl? Vielleicht von den Nestles und Danones, die horrende Umsätze mit Flaschenwasser machen? Die normales Trinkwasser in Glas- oder PET-Flaschen abfüllen und dieses in der halben Welt herumkarren? Die einem in unzähligen Werbebotschaften mit Promis, Influencern und weiteren Schwachsinnsbotschaftern signalisieren, dass man ja viel trinken soll, am besten (ihr) «Mineralwasser»?
Bitte denkt daran, Wasser ist Produkt das in den meisten Teilen Europas in einwandfreier Trinkqualität aus dem Wasserhahn kommt. Ein unbezahlbarer Luxus, wie ich finde. Die im Mineralwasser vorkommenden «zusätzlichen» Mineralien sind übrigens keineswegs notwendig, bzw. die erhalten wir auch aus anderen Lebensmitteln. Ein weiterer Verkaufsgag und wir fallen sowas von drauf rein.
Heutzutage sieht man ja fast keinen mehr, der ohne Trinkflasche unterwegs ist. Glauben die Leute wirklich, die Evolution hätte uns Menschen oder andere Tiere so defizitär konstruiert, dass wir ohne externen Flüssigkeitstank für stündliche «Rehydrierung» kaum einen Tag überleben können? Nein, hat sie nicht.
Oder sollen wir Fruchtsäfte trinken, wegen der Vitamine?
Nun ja, 1 Glas Orangensaft oder Apfelsaft hat gleichviel Zucker wie ein Glas Coca-Cola, nämlich etwa 8-10g pro Deziliter. Diabetiker*innen wissen das, hoffentlich. Für ein Glas Fruchtsaft braucht es etwa 3 Orangen oder 3 Äpfel. Das ist deutlich mehr, als man einfach so essen würde. Da die ganzen Nahrungsfasern der Früchte fehlen, gehen die Zucker auch sehr schnell ins Blut. Aus diesem Grund kann man eine Unterzuckerung auch mit Fruchtsaft korrigieren.
Aber Fruchtsäfte sind somit verhältnismässig Zucker- und auch kaloriendicht und sollten nicht dafür verwendet werden, den Durst zu stillen. Dafür reicht Wasser.
…und Vitamine haben wir bei einer ausgewogenen Ernährung, mit Früchten und Gemüsen auf jeden Fall ausreichend.
Smoothies sind aber gesund?
Smoothies enthalten im Gegensatz zu den Fruchtsäften ganze Früchte oder Gemüse und somit auch die guten Rohfasern. Zweifellos sind diese hinsichtlich Nährwertes den Fruchtsäften überlegen. Aber auch bei Smoothies werden oft zu hohe Mengen an Kalorien konsumiert. Diese pürierten Früchte und Gemüse sind nämlich bereits als verarbeitete Lebensmittel anzusehen, die es unserer Verdauung «zu einfach» machen. Der Kau- und Einspeichelprozess fällt weg, und ein Smoothie ist viel rascher konsumiert, als wenn man die Früchte und Gemüse separat essen würde. Somit wird das Hungergefühl nicht richtig unterdrückt und Schwupps sind deutlich mehr Kalorien eingenommen, als nötig gewesen wären.
Für meine Seite spare ich mir Smoothies auf bis ich hoffentlich so alt werde, dass ich als zahnloser Tiger wirklich darauf angewiesen bin, da ich nicht mehr richtig kauen kann.
Aber eben. Hört auf Euren Körper, auf Euren Durst. Nicht auf die kapitalistischen Nestles und Danones unserer Welt. Trinkt, wenn Ihr Durst habt. Wasser aus dem Wasserhahn ist nicht nur gut genug sondern perfekt, ein Luxus.
Wo du recht hast hast du recht!! Dein heutiger Beitrag gibt gute Laune 😁
Vielen Dank
Heidi
Sehr schöner Beitrag, liebe Ca’la.
Ich bin auch einer, der nicht täglich wie ein Pferd literweise Wasser in sich hineinschüttet.
Dann doch lieber am Abend ein lecker Fläschchen Wein aus dem Badischen geteilt mit netten Leuten.
Ist schliesslich auch Flüssigkeit, oder nöd?
Lieber Thomas, ja, gerade wenn man gar nicht soviel trinken muss, ist es wichtig, gut zu wählen 🙂
hihi!!